Für heute hatte ich mir vorgenommen mein Trike zu waschen und anschließend ein wenig um die Insel zu touren. Also bin ich zum Auto-Waschcenter gefahren, weil es dort Hochdruckreiniger gibt. Allerdings sind ist hier jeder vom Wüstensand betroffen und deshalb herrschte beim Waschcenter das absolute Chaos. Die Autos standen kreuz und quer auf dem Grundstück, selbst auf der Straße hatte sich schon eine Schlange von Autos gebildet. Dieses Gezeter wollte ich mir keinesfalls antun und bin stattdessen zum Eroski Supermarkt gefahren, um einen Eimer zu kaufen, damit ich mein Trike im Casa mit der Hand waschen kann.
Als ich so durch den Supermarkt schlenderte, hörte ich den Kuckuck aus meinem Handy rufen. Es war der Willi, der mit seinem Roller zum Beach Es Canar fahren wollte, aber vergessen hatte, dass er mir den Schlüssel gab. Da hab ich ihm zurück geschrieben, dass er im Casa warten soll und ich vom Einkaufen gleich wieder zurück bin.
Wie der Willy halt so ist, hat er mich überredet, jetzt nicht das Trike zu waschen, sondern mit ihm an den Beach zu fahren. Also habe ich meinen Einkauf in den Torre geschleppt und mich gefragt, wann ich das Trike waschen soll, weil ich mich ungern in den Dreck mit Vogelscheiße setzte. Ich will ja nicht gleich jedem meine Krankheitsgeschichte erzählen und dass mein Tag wesentlich kürzer ist, als von einem gesunden Menschen. Mir war natürlich klar, wenn ich jetzt nicht das Trike fahrbereit mache, dann werde ich heute nicht mehr Trike fahren.
Ich will aber Trike fahren, deshalb bin ich hier, weil man in Deutschland wegen dem Mistwetter eben nicht fahren kann. Ich will nicht an den Strand oder stundenlang in Restaurants oder Strandbars rumsitzen, sondern Trike fahren und nebenher fotografieren und filmen, wenn sich gute Motive ergeben. Am Abend möchte ich dann mein Material sichten und an meinen Blog schreiben. Das ist für mich eh schon ein heftiges Programm, das nur funktioniert, wenn ich nachmittags meine liegenden Pausen einhalte und nicht all zu viel Unvorhergesehenes passiert. Leider ist das Unvorhergesehene bei mir so viel, dass eigentlich für sonst nichts mehr Zeit bleibt, nach meinen Maßstäben.
Nun ist es aber so, dass der Mensch leider nicht in der Lage ist, sich in die Lage anderer Menschen zu versetzen – auch wenn er das vielleicht glaubt. Für mich heißt dass, dass ich jedem Menschen, der mich noch nicht kennt, erstmal erklären muss, warum ich jetzt nicht dies und jenes mache sondern mich gerne einfach zurückziehen möchte. Wer jetzt glaubt, dass es ausreichend ist, einfach zu sagen, dass man sich zurückzieht, der irrt sich gewaltig. Da kommt dann gleich mal die Frage warum. Dann antwortet man, weil man sich hinlegen möchte. Und schon geht’s los. Man sei doch nicht hierher gekommen, um sich hinzulegen. Da muss man doch dies und das machen, und und und. Also ist man jetzt genötigt, seine Krankheitsgeschichte zu erzählen, wenn man sein Gegenüber nicht vor den Kopf stoßen möchte und einfach geht, denn das würde dann noch viel schlimmer verlaufen. Also rechtfertigt man sich und erzählt seine Krankheitsgeschichte. Schon kommt man weinerlich rüber und wird bemitleidet, weil das ja alles so schlimm ist. Das will ich gar nicht, sondern ich will gar nicht laufend daran erinnert werden, ich wollte einfach nur das machen, was ich machen muss, damit ich mit meiner Krankheit nicht nur überleben kann, sondern noch einen Rest Lebensqualität erreichen kann.
Da ist dann kein Spielraum mehr, weil alles und ich meine wirklich alles, was man außer diesem Rahmen macht, dazu führt, dass man noch mehr Schmerzen hat und dann noch mehr liegen muss und noch mehr Betäubungsmittel schlucken muss. Leider wirken die Betäubungsmittel dann auch nicht mehr und sie machen einen matschig in der Birne, dass man somit wirklich nur noch rumliegen kann.
Und jetzt kommt der Hammer. Auch wenn dann der ganze Mist schon bekannt ist, schaffen es die meisten Menschen immer noch nicht, dass sie einfach akzeptieren, wenn man sich hinlegen möchte. Da kommt dann immer noch der Spruch, ach setz dich doch noch ein bisschen her oder geh noch ein Weilchen mit, oder so was in der Art. Hallo, geht’s eigentlich noch, ich soll jetzt noch mehr Schmerzen ertragen, nur weil jemand nicht akzeptieren will, das ich mich jetzt hinlegen will. Unfassbar! Aber das ist die Realität. Da braucht sich doch keiner mehr zu wundern, warum Menschen mit chronischen Schmerzen die Einsamkeit suchen. Lieber allein sein, als sich ständig rechtfertigen zu müssen, warum man jetzt nicht dies und das macht und immer wieder ist man mit seiner Krankheit konfrontiert und wird daran erinnert.
Vielleicht lesen ja durch Zufall sehr viele Menschen diesen Blog, die dann vielleicht bzw. hoffentlich ihre Denk- und Verhaltensweisen gegenüber Menschen mit chronischen Schmerzen ändern. Ich meine nicht, dass sie die Situation dieser Menschen verstehen, noch nicht mal Ärzte verstehen es, wenn sie nicht selbst betroffen sind, aber Akzeptanz sollte doch das Minimum sein, das man jemanden entgegen bringt – und vor allem jedem Menschen. Auch wenn jemand nicht krank ist, sollte man akzeptieren, wie jemand den Tag verbringen möchte. Und nicht vergessen, schon morgen kann jeder in der gleichen Situation sein, dass sein Tagesablauf vom Schmerz diktiert wird.
Ich hab mich also überreden lassen, hab dann nur kurz meinen Sitz abgewischt und wir sind losgefahren, Willy mit seinem Roller und ich mit dem Trike hinterher. Ganz entspannt übers Land gerollt und einfach nur genossen, auf Ibiza zu sein. Als wir dann bei Punta Arabi vorbei gefahren bzw. gerollt sind, musste ich leider feststellen, dass dort, wo einer der Hippiemärkte immer stattfindet, tote Hose und alles geschlossen ist. Hm, was ist denn da los?
Als wir in der Bucht von Es Canar angekommen sind, war dort auch alles geschlossen, ja sogar Schilder für Badeverbot waren aufgestellt. Das Badeverbot war wegen den Feuerquallen, wie sich herausstellte, weil wir die letzten Tage viel Wind und Unwetter hatten, da hat es die Viecher in die Bucht gedrückt.
Wir sind dann kurzer Hand weiter gefahren in wunderschöne Cala Nova. Hier waren sowohl die Strandbars wie auch die Menschen sehr offen. Es wurde noch viel offener, als wir ein paar Bierchen gezwitschert hatten und eine eiskalte Sangria den Weg durch den Mund entlang der Speiseröhre nach unten fand. Was für ein unvergleichliches Gefühl und ein super leckerer Geschmack.
Irgendwann hat dann allerdings auch der Alkohol nicht mehr gegen meine Schmerzen geholfen und wir haben uns auf den Heimweg gemacht. Ich hatte schon Angst, dass Willy mit dem Roller liegen geblieben ist, als er nicht hinter mir war. Wie sich heraus stellte, ist Willy tatsächlich liegen geblieben, allerdings am Strand und hat sich die frühe, abendliche Sonne noch auf den Pelz scheinen lassen, weil er durch den Wind etwas ausgekühlt war.
Als ich zuhause ankam, hab ich mir erstmal eine Oxy gegönnt und mich auf meiner Pritsche lang gemacht. So wollte ich eigentlich den Tag ausklingen lassen und noch ein wenig an meinem Blog arbeiten, aber es kommt eben immer anders, als man denkt. Da bin ich also mittendrin in meiner Schreiberei, als auf einmal das Internet weg war. Schön blöd dachte ich und ich hatte schon eine Vermutung, woran es lag. Einer der Repeater hatte sich offenbar aufgehängt und die Internetverbindung nicht mehr weitergeleitet. Nachdem Willy hier alle Schlüssel hat, hab ich ihn informiert, dass hier kein Internet mehr ist und dass ich durchdrehe, wenn ich heute Nacht keinen Prime Video Empfang habe. Fernseher gibt’s nämlich auch keinen und so hätte ich dann die ganze Nacht mit Schmerzen die Wand anglotzen können. Außerdem würde ich gerne an meinem Blog weiterschreiben.
Hey Super-Willy, obwohl es schon fast Mitternacht war, ist Willy vorbei gekommen. Allerdings konnten wir nicht viel ausrichten, weil jemand die Schlüssel aus dem gesicherten Schlüsselkasten entnommen hatte und nicht wieder dort deponiert hat. Lange Rede kurzer Sinn, irgendwann war es dann 1 Uhr nachts und wir konnten den betreffenden Repeater neu starten, nachdem wir Zugang zum entsprechenden Appartement hatten.
Eigentlich wollte ich an meinem Blog schreiben, was aber aus bekannten Gründen nicht ging und jetzt war es schon so spät, dass ich eigentlich ins Bett wollte, damit ich am nächsten Tag mal eine Tour über die Insel fahren kann. Willy fand das gar nicht gut und hatte andere Pläne. Feierabend war somit noch lange nicht und wir sind noch zum Willy nach Hause gefahren und haben uns um eine einsame Flasche Jack Daniels gekümmert. Irgendwann half dann das Oxy auch in Kombination mit meinem geliebten Jack Daniels nicht mehr gegen meine Schmerzen. So gegen 3 Uhr morgens habe ich mich dann endlich zu Hause in meinem Bett eingefunden. Allerdings ging das WLAN schon wieder nicht mehr, aber egal, ich wollte eh nur liegen. Shit happens – but why always to me?
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