Als ich so ganz langsam aus meinem himmlischen Schlaf erwachte, sagte zunächst, wie jeden Tag, der Schmerz guten Morgen und schon im nächsten Augenblick kam mir etwas komisch vor. Aber ja, es ist viel zu dunkel für die Uhrzeit. Ein Blick zum Fenster klärte mich auf, es war bewölkt, aber nicht nur das, die Wolken machten das, was sie nun mal tun, wenn sie voll sind – Wasser lassen. 😒
Wo ist mein Tablet, Tablet, Tablet ja wo bist du denn, ah unterm Kopfkissen, kannst wohl das Wetter nicht mit ansehen. Sodala, ein Blick auf die Wetterkarte zeigte das Gleiche wie der Blick aus dem Fenster – Regen. Aber nachdem mein Tagesziel für heute gerade mal 425 km entfernt liegt, habe ich zumindest keinen Zeitdruck. So nutzte ich also die tolle Funktion der Wetter App und spulte die Zeit mal etwas vor. Na also, um 11.30 Uhr soll es angeblich aufhören zu regnen. ABER, der weitere Streckenverlauf sah für den Nachmittag nicht so prickelnd aus.
So tüftelte ich also um den besten Zeitplan zu finden, aber irgendwie traf ich immer wieder auf Regen. Das Ziel so nah und doch so fern. Bullshit, dachte ich, soll ich mir das jetzt durch das Wetter vermiesen lassen? Ein klares Nein, auf gar keinen Fall. Wer bremst verliert und nur die Harten kommen in den Garten und ich wollte auf jeden Fall später wieder zurück in meinen Garten. Also, Arschbacken zusammen und durch. Ich hab dann dem lieben Mädel vom Empfang erzählt, was ich vor habe und wann ich spätestens auschecken müsste, weil ich viel Arbeit habe, bis ich bereit für die Abfahrt in den Regen bin. Sie sagte mir, dass ich am besten das Trike unter das Zelt stelle, dann werde ich jetzt nicht nass und dass ich bis 12 Uhr Zeit habe. Das war perfekt.
Ich hab dann unter dem Zelt damit angefangen, das Unterste aus dem Kofferraum nach oben zu räumen. Dass ich doch noch Regenklamotten brauche, damit hatte ich nicht gerechnet. Tja, Shit happens, dachte ich mir und fluchte vor mich hin, um den Mist erträglicher zu machen und Dampf abzulassen. Nach über anderthalb Stunden war ich dann endlich fertig, die Taschen auf dem Trike wasserdicht in Müllsäcke zu verpacken und den Kofferraum so einzuräumen, dass ich dann später leichten Zugriff zu meinen Regenklamotten hatte. Hier schien inzwischen wieder die Sonne und es wäre ein Wahnsinn gewesen, schon jetzt mit den Regenklamotten los zu fahren.
Es war so gegen 11.30 Uhr als ich den ersten Gang einlegte und mich in Richtung Denia auf den Weg machte. Das Wetter sah inzwischen wieder gut aus, doch der Schein trügte. In etwa bei Tarragona sollte mich die Regenfront erwischen. Als ich mich Tarragona näherte, war auch schon eine stockschwarze Wolkenfront voraus. Obwohl noch die Sonne schien, hielt ich an und zog meine Regenklamotten an. So fuhr ich also in meinem ganz persönlichen Backofen weiter und jetzt wünschte ich mir auf einmal sehnlichst, dass es endlich anfängt zu regnen. Der Regen ließ nicht lange auf sich warten und kühlte meinen Klamottenofen wieder etwas ab. Als der Regen heftiger wurde, merkte ich recht schnell, dass meine so genannten Regenklamotten keineswegs wasserdicht sind. Schon nach kurzer Zeit war ich auch innen nass und fühlte, wie sich das Wasser in Reitl sammelte. Reitl ist das Fleckerl zwischen Arschloch und Beitl, Beutel für diejenigen, die nicht dem kriegerischen Bergvolk angehören. 😉
Na bravo, das kann ja lustig werden. Es liegen ja nur noch 375 km vor mir. Zum Glück gab es auch immer wieder Streckenabschnitte ohne Regen, wenngleich das auch nichts, aber rein gar nichts gebracht hat, weil ich ja inzwischen innen nass war und das gar nicht trocknen konnte. So ging das dann im Wechselspiel eine ganze Weile weiter, bis es dann bei Tortosa so richtig los ging. Das waren Wassermassen, dass man vor lauter Wasser fast nicht mehr durch die Luft sehen konnte.



Sie hielt ich also immer wieder unter Brücken in der Hoffnung, dass es auch wieder mal aufhören würde. Bei der dritten Brücke stand ich dann schon 20 Minuten, aber anstatt leichter wurde es immer heftiger. Das konnte ich leider nicht mehr fotografieren, weil mein Handy nicht wasserdicht ist und wenn das jetzt auch noch die Grätsche machen würde, wäre das ziemlich dämlich. Nach über 20 Minuten Wartezeit ist es mir dann zu blöd geworden. Was soll ich sagen, ich bin Skorpion und wenn es mir reicht, dann gehe ich in die Offensive.
Alles klar, Schotten dicht und Anker auf, Lifebelt anlegen und Kurs auf Denia. Schneller als 50 – 60 km/h ist hier keiner mehr gefahren. Ich habe es mir dann hinter einem LKW gemütlich gemacht und Musik gehört. Ja genau, auch in meinem Vollvisierhelm habe ich inzwischen besten Sound. I’m singing in the rain hab ich da lautstark in meinem Helm gesungen. Aber das Singen ist mir bald vergangen, als der Hagel einsetzte. Nun konnte ich mit dem LKW vor mir nicht mehr mithalten, weil die Hagelkörner so heftig auf meine Fingerknöchel geprügelt haben, dass ich langsamer fahren musste um die Aufprallenergie etwas zu verringern. Ein Königreich für eine Brücke aber wenn man wirklich eine braucht, dann kommt einfach keine mehr. Man bekommt 10.000 Löffel und alles was man brauchen würde wäre ein Messer. Murphy’s Law ist wirklich das Einzige, was auf diesem Planeten in Perfektion funktioniert. So fuhr ich also weiter, brav die Warnblinker aktiviert, damit mich nicht noch einer von hinten überrollt.
So hat es also weiter gehagelt ohne schützende Brücke in Sicht. Erst nach einer ganzen Weile hat es dann endlich aufgehört zu hageln und zack, war auch schon wieder eine Brücke in Sichtweite. Wenn ich ein RPG auf meinem Trike montiert gehabt hätte, würde es die Brücke heute nicht mehr geben, weil ich sie weggeschossen hätte. Was ich in den nächsten 10 Minuten in meinen Helm gebrüllt habe, waren wahrscheinlich bis dato die krassesten Schimpftiraden meines Lebens. Ich hätte gerne noch weiter geschimpft, aber meine Stimmbänder haben angefangen zu versagen. Also schimpfte ich im Geiste weiter bis die aufgestaute Wut auf ein erträgliches Niveau gesunken war. Es hat dann auch langsam immer weniger geregnet und so hab ich dann am nächsten Rastplatz gehalten. Meine Wut war inzwischen so weit verflogen, dass ich nicht den Nächstbesten, der mich wegen dem Trike anquatscht, ohne Vorwarnung ins Nirwana schicke. 😁
Vom Westen her, also vom Landesinneren kamen schon wieder dicke Wolken angeflogen. So dachte ich mir, dass ich vielleicht noch weiter nach Süden fahre und dann Pause mache, um mich umzuziehen und meine Klamotten ein wenig zu trocknen. Ich hatte noch ca. 80 km nach Valencia, dort sollte das Wetter gut sein. Also, gar nicht lange rumeiern hier, sondern lieber gleich weiter, bevor hier die nächste Wasserflut hereinbricht.
Nachdem ich auf der Flucht war, habe ich ein wenig mehr Gas gegeben und bin dann mit ca. 140 km/h gen Valencia gefahren. Da hat mich dann doch glatt ein M3 recht zügig überholt, obwohl eigentlich nur 120 km/h erlaubt waren. Vielleicht ist das ja ein Spielgefährte für mich. Ich bin also hinterher und der M3 fuhr so mit 160 km/h relativ konstant dahin. Als er mich von hinten kommen sah, ist er gleich brav nach rechts rüber gefahren. Ich bin dann vorbei und er hat sich gleich wieder an mich dran gehängt. Wir sind dann gemeinsam immer so zwischen 160 und 200 km/h die Autobahn entlang gedonnert und haben uns mit dem Vorausfahren abgewechselt. Sein M3 hatte auch nen richtig fetten Sound und so sind die meisten schon wegen dem ohrenbetäubenden Lärm zur Seite gefahren. Bei dem Speed waren meine Klamotten recht schnell angetrocknet, zumindest äußerlich. Ich saß natürlich nach wie vor in meiner Pfütze und langsam entwickelte sich ein gnadenloser Sumpfarsch. So war ich in nur 30 Minuten in Valencia und das Wetter war hier sonnig und warm. Also raus auf den Rastplatz. So verabschiedete ich mich noch von meinem Spielkameraden und bog auf den nächsten Rastplatz ab. Ich stellte das Trike ab und konnte es gar nicht glauben, dass ich es bis Valencia geschafft habe. Meine Finger waren geschwollen, ich war vollständig durchnässt und meine Kimme fing schon wie wild an zu jucken. Es war höchste Zeit, mich endlich wieder trocken zu legen.


Es war ein herrlich erlösendes Gefühl, wieder trockene Klamotten anzuhaben. Alle kritischen Gebiete habe ich auf der Toilette wieder trocken gelegt und das nervige Jucken ließ schon bald nach. Ich blieb eine ganze Weile auf diesem Rastplatz, obwohl es schon halb sechs Uhr war. Aber ich hatte auch nicht mehr weit nach Denia, nur noch gute 100 km und dann bin ich so gut wie auf Ibiza.
Bevor ich noch weiter durchhänge, habe ich mich wieder aufgerafft um die letzte Etappe in Angriff zu nehmen. Das ganze nasse Zeugs habe ich kurzum in Mülltüten verpackt und bin wieder mit Shorts und T-Shirt weiter gefahren. Als ich los fuhr, waren schon wieder dicke Wolken vom Landesinneren im Anmarsch. Ich hab mir dann nach Valencia die Straße ausgesucht, die am nächsten bei der Küste war, in der Hoffnung, dass es die Wolken nicht bis zur Küste schaffen, weil es eigentlich auflandigen Wind haben müsste.
Diese Rechnung ging auf, endlich mal keine böse Überraschung. So bin ich also weiter nach Denia getingelt und kam relativ entspannt dort an. Ich hatte natürlich wieder zuvor über Booking.com ein Zimmer für mich reserviert.
Dieses Hotel war mitten im Zentrum und es war entsprechend eng. Als ich dort ankam, wusste ich beim besten Willen nicht, wo ich hier parken sollte. Also bin ich wieder auf den Gehweg gefahren und hab das Trike vor dem Eingang abgestellt. Ja mei, was soll ich denn sonst machen. Ich bin also rein bei der Tür mit einem freundlichen Hola und es schallte mit einem freundlichen Hola zurück. Allerdings konnte ich niemanden entdecken, bis eine nette Dame hinter dem Tresen von unten auftauchte. Ich stellte mich vor und sie wusste sofort von meiner Reservierung. Nun versuchte ich ihr zu schildern, mit welcher Art Gefährt ich unterwegs bin. Aber verbal hat das nicht wirklich funktioniert. Dummerweise hat man auch nicht raussehen können, also zeigte ich ihr ein Foto mit meinem Handy. Sie war total begeistert und erklärte mir, wie ich in die Tiefgarage komme. Dann zeigte sie mir sofort, auf welchen Platz ich mich stellen soll, damit der Nachtportier das Trike perfekt über die Kameras im Blick hatte.
Ein letztes Mal das ganze Gerödel ins Zimmer hochschleppen. Diesmal war es sogar noch viel mehr, weil ich ja noch einen Müllsack voll nasse Klamotten hatte. Die Klamotten habe ich dann noch brav im Zimmer aufgehängt und die Klimaanlage auf Entfeuchten gestellt, damit sich der Dampf nicht im Zimmer sammelt. Am nächsten Tag muss ich schon um 6.30 Uhr am Hafen sein, aber zum Glück sind es gerade mal 800 Meter bis zum Fährhafen. Wenn ich mir also um 4.45 Uhr den Wecker stelle, sollte ich alles in Ruhe wieder einpacken können und das Trike pünktlich fertig zur Abfahrt für 800 Meter haben. Na dann gute Nacht.
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